Auf einer Fläche von 12 Hektar wird auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs in Esslingen Deutschlands erstes klimaneutrales Wasserstoffquartier mit 500 Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen sowie einer Hochschule errichtet.
Kernstück des technologisch innovativen Stadtquartiers ist, das vom siz energieplus entwickelte, energetische Versorgungskonzept, das eine Kopplung der Sektoren Strom, Wärme, Kälte und Mobilität vorsieht. Als besondere Innovation wird ein 1.000 kWel Elektrolyseur städtebaulich integriert, der erneuerbaren Strom in grünen Wasserstoff umwandelt (200 - 400 kg/d). Der hierfür benötigte Strom stammt aus lokalen PV-Anlagen der Gebäude (ca. 1.500 kWp) sowie aus Erzeugungsanlagen, die erneuerbaren Strom über das öffentliche Stromnetz liefern. Die erneuerbare Abwärme der Elektrolyse bei 55-60°C kann dabei die Hälfte des Wärmebedarfs der Gebäude decken, die über ein Nahwärmenetz an die unterirdische Energiezentrale angeschlossen sind. Durch diese wegweisende Idee der Wärmeintegration wird erstmals eine Effizienzsteigerung der Elektrolyse von ca. 55 % auf bis zu 90 % erreicht. Zur kurzzeitigen Speicherung des erzeugten Wasserstoffs unter dem Betriebsdruck der Elektrolyse bei 11,5 bar dient ein 32 m³ Druckspeicher. Von dort aus kann zu einem kleinen Teil die Rückverstromung vor Ort in einem Blockheizkraftwerk erfolgen. Dabei handelt es sich um einen 200 kWel Wasserstoffmotor, der auch zertifiziertes Biomethan verbrennen kann. Zur saisonalen Langzeitspeicherung und Dekarbonisierung des Gassektors wird der produzierte Wasserstoff in das Erdgasnetz der Stadt eingespeist. Darüber hinaus soll der lokal erzeugte grüne Wasserstoff perspektivisch für die Nutzung in Industrie und Mobilität außerhalb des Quartiers bereitgestellt werden.
Die einzelnen technischen Komponenten (PV, Stromspeicher, Elektrolyseur, BHKW, Smart Meter, E-Ladestationen) werden über ein sektorenübergreifendes digitales Informationsnetz („Smart Grid“) miteinander verbunden. Eine zentrales Energiemanagement-System übernimmt dabei die Steuerung der Energieflüsse.
Das Leuchtturmprojekt soll zeigen, wie modernes Wohnen und nachhaltiges Arbeiten im städtischen Kontext CO2-neutral umgesetzt werden kann. Das Ziel ist, einen Stadtteil mit unter einer Tonne CO2- Emissionen pro Bewohner und Jahr für Wohnen und Mobilität zu errichten und gleichzeitig bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die Realisierung ist ein wichtiger Baustein zur Erreichung der kommunalen Klimaschutzziele und soll ein leuchtendes Vorbild für künftige Entwicklungsvorhaben und Bürgerbeteiligungsprozesse in anderen Kommunen sein. Das am siz energieplus entwickelte holistische Energiekonzept ist der erste Prototyp nach dem Ansatz „Power - to - Gas and Heat“ (PtG&H) und soll als Blaupause zukünftiger Energieversorgung dienen.
Das siz energieplus, Stuttgart ist wissenschaftlicher Gesamtkoordinator des Forschungsprojektes mit insgesamt 12 Verbundpartnern (FKZ: 03SBE115 A bis L, BMWi, BMBF) und wirkt damit in allen Arbeitsbereichen mit. Im Folgenden werden die wichtigsten Arbeitspakete aufgelistet, die durch das siz inhaltlich bearbeitet werden:
‐ Konkretisierung Quartierskonzept (AB 1)
‐ Systemplanung (AB1)
‐ Energienetze (AB 2)
‐ Wärme- und Stromerzeugung (AB 2)
‐ Entwicklung und Umsetzung Monitoringkonzept (AB 3)
‐ Optimierung (AB 3)
‐ Erweiterung der Energiebilanzierung (AB 4)
‐ Entwicklung von Geschäftsmodellen (AB 4)
‐ Validierung Planungstool (AB 4)
‐ Workshops und Fachvorträge (AB 5)
‐ Öffentlichkeitsarbeit (AB 5)
‐ Projektkoordination (AB 6)
‐ Schnittstelle Quartier / Stadt (AB 6)
AB1: Konkretisierung der Umsetzung
AB2: Umsetzung, Inbetriebnahme und Qualitätssicherung
AB3: Monitoring und Optimierung
AB4: Weiterentwicklung des Planungstools „Stadtquartier“
AB5: Bürgerbeteiligung & Öffentlichkeitsarbeit
AB6: Koordination und Verwertung
Bildquelle „Foto: Maximilian Kamps, Agentur Blumberg GmbH “